Herzlich willkommen bei
der Lebenshilfe Flensburg gGmbH

"Circus Mensch": Behinderung spielt keine Rolle

Ein viel zu großes rotkariertes Jackett, ein schwarzer Schlapphut, eine  rote Nase – Rieke läuft als Clown rum und probiert aus, was sie am Nachmittag  gelernt hat. Ihre Freundin Kira (10) versucht, ihr auf dem Einrad zu folgen.  „Das hat jemand verstellt“, schimpft sie leise vor sich hin, als das Fahren,  das sie eigentlich beherrscht, nicht so recht klappt. Die beiden Mädchen machen  mit beim „Circus Mensch“, dem Projekt für Menschen mit und ohne Behinderungen,  das die Lebenshilfe Flensburg, der Verein „Grundstein“ und das  Freiwilligenzentrum „Mittenmang SH“ veranstalten in Zusammenarbeit mit „Das Zauberhafte  Variete“ aus Kiel, der Arbeitsgemeinschaft Zirkuspädagogik-Nord  in Bokel, dem Jugend-Circus Abrax-Kadabrax  Hamburg und der Schauspielschule Atrium aus Hamburg.

Eine Woche gemeinsam verbringen, sich begegnen, üben, Musik machen,  voneinander lernen und Spaß haben, das ist gelebte praktische Integration,  stellt  Annelie Petersen von der Lebenshilfe Flensburg sowie  Dr. Nicole Schmidt von „Mittenmang“ übereinstimmend fest. Daran haben auch  freiwillige Helfer ihren Anteil, hebt Michel van Amsterdam vom Verein  „Grundstein“ hervor. So befördern unter anderem Mitglieder vom Lions Club  Flensburg, die „Heimschläfer“ unter den Teilnehmern und packen auch sonst zu.

Über die Begegnung hinaus bedeutet der Aufenthalt auch Arbeit, zum Teil  harte Arbeit. Boden- und Leiterakrobatik, Jonglage mit Bällen, Tüchern und  Tellern, Schattentheater, Seillaufen, Clownerie, Pferdedressur, Hip-Hop und Reifenakrobatik – zu diesen und weiteren Bereichen  gibt es Zirkus-Gruppen, angeleitet von Zirkuspädagogen  wie Heiko Mielke, Andreas Schmiedel, Heike Alles oder Erlebnispädagogen wie  Michel van Amsterdam und Klaus Dörre von „Grundstein“. Mit dabei ist auch die  in Berlin lebende amerikanische Artistin Teresa Dinaburg. Sie übt mit ihrer  Gruppe im großen Zirkuszelt Kunststücke am Trapez. Das Zelt, in dem morgens und  abends Treffen mit Musik und Gesang stattfinden, gehört dem „Zauberhaften  Variete Kiel“. Dessen Eigentümer, Werner Orlowski, wirkt bei dem Projekt als  Zauberlehrer mit.

Es ist nicht immer einfach, miteinander auszukommen, haben sowohl Teilnehmer  mit, als auch ohne Behinderung beobachtet. Mit der Distanzlosigkeit einiger  Behinderter, die andere Teilnehmer immer wieder gerne umarmen oder gar küssen,  muss mancher Nichtbehinderte erst einmal zurechtkommen. Auf Seiten der  Behinderten stand vielfach die Sorge, nicht akzeptiert zu werden. „Aber egal,  ob man geistig oder körperlich behindert ist, hier lässt einen das niemand  spüren“, sagt Anke Jensen, die selbst im Rollstuhl sitzt. Die 47-Jährige macht  mit in der Gruppe Schwarzlicht-Theater. „Die Akzeptanz  zwischen Behinderten und Nichtbehinderten hier ist größer als bei einer  Begegnung auf der Straße“, meint sie und hofft, dass es ihr eines Tages auch  auf der Straße genausoleicht fallen wird, um Hilfe zu bitten, wie bei „Circus  Mensch“. Inge Bandau, Pensionärin aus Köln, die bisher kaum Kontakt zu  Behinderten hatte, hat nach dem ersten Tag festgestellt: „Man kann mit den  Behinderten umgehen, wie mit anderen Menschen auch.“ Die Veranstalter hoffen,  dass am Ende alle Teilnehmer vom Wissen „Es ist normal, verschieden zu sein“  über die Erfahrung „Es ist spannend, verschieden zu sein“ zu der Erkenntnis  kommen, die auch Motto des Projektes ist, „Es ist wunderbar, verschieden zu  sein“.